Ab Juni 2025 müssen viele Unternehmen und öffentliche Stellen ihre Websites und Produkte barrierefrei gestalten. Dann tritt nämlich das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Ziel ist es, Produkte und Dienstleistungen künftig für alle Menschen leicht zugänglich zu machen – auch für Menschen mit Einschränkungen. Das Gesetz setzt die europäische Richtlinie (EU) 2019/882, den sogenannten European Accessibility Act, in deutsches Recht um. Und das betrifft mehr Unternehmen und auch öffentliche Stellen, als man auf den ersten Blick denkt.
Welche Produkte und Dienstleistungen sind betroffen?
Beispielsweise müssen die folgenden Produkte künftig barrierefrei angeboten werden:
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- Mobiltelefone, Smartphones, Tablets, Notebooks und PCs oder E-Books-Lesegeräte
- Check-in und Ticket-Automaten (Fahrscheine), Geldautomaten
- TV-Geräte mit Internetzugang
Folgende Dienstleistungen müssen ab dem Startdatum barrierefrei aufgestellt sein:
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- Online-Shops
- E-Book-Anbieter
- Bankdienstleistungen und FinTech-Anbieter
- Messenger-Dienste
- Telekommunikationsdienste
- Ticket- und Reisebuchungsportale
Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz oder einer Jahresbilanzsumme unter 2 Mio. Euro könnten unter bestimmten Bedingungen von den Vorgaben ausgenommen werden. § 3 Abs. 3 BFSG erlaubt diese Ausnahme für Kleinstunternehmen, wenn sie Dienstleistungen bereitstellen. Entsprechend der Öffnungsklausel in Art. 4 Abs. 6 der Richtlinie (EU) 2019/882 plant Deutschland, eine Rechtsverordnung, die präzise regelt, wann und unter welchen Bedingungen diese Ausnahmen gelten.
Gibt es Übergangsfristen?
Produkte und Dienstleistungen, die unter das BFSG fallen und die nach dem 28. Juni 2025 für Verbraucher und Verbraucherinnen auf den Markt gebracht werden, müssen bereits barrierefrei gestaltet sein. Also müssen bereits neue Websites und Apps, die gerade in der Planung und noch nicht veröffentlicht sind, diese Anforderungen bereits erfüllen (§ 1 BFSG). Für bestimmte Produkte und bestehende Systeme, die vor dem 28. Juni 2025 auf den Markt gebracht wurden, gibt es Übergangsfristen bis spätestens 28.Juni 2030 (§ 38 BFSG).
Was bedeutet „barrierefrei“ konkret?
Barrierefreiheit bedeutet mehr als nur eine lesbare Schriftart. Die Anforderungen orientieren sich an der EU-Norm EN 301 549 und den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1, welche Kriterien festlegen wie beispielsweise:
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- Texte in klarer, einfacher Sprache
- Gute Kontraste für sehbehinderte Menschen
- Steuerung per Tastatur, mit Hilfe assistiver Techologien oder Screenreader
- Problemlose, bis 300% Vergrößerung der Inhalte einer Website
- Alternativtexte für Bilder
- Untertitel oder Transkripte für Videos
Monitoring, ob eine Website barrierefrei ist
Kostenlose Tools wie WAVE, axe oder auch Google Lighthouse (nutzbar im Chrome Browsers) helfen, erste Barrieren zu identifizieren. Sehr detaillierte Monitorings gibt es beispielsweise bei Anbietern wie decareto. Für tiefergehende Analysen empfiehlt sich ein professioneller Accessibility-Audit, am besten durch Dienstleister mit Erfahrung in EN 301 549.
Was passiert bei Verstößen?
Bei Verstößen gegen das BFSG können Bußgelder bis zu 100.000 Euro (§ 37 Abs. 2 BFSG) verhängt werden. Wichtig: Das Gesetz ist verbraucherschutzrechtlich relevant mit der Konsequenz, dass Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbände möglich sind.
Was hat das alles mit Datenschutz zu tun?
Auch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) fordert in Art. 12 DSGVO, dass Informationen in präziser, transparenter, klarer und einfacher Sprache, leicht zugänglich und verständlich sein müssen – insbesondere bei Einwilligungen, Cookie-Bannern oder Datenschutzerklärungen.
Wenn also ein Cookie-Banner beispielsweise nicht mit einem Screenreader bedienbar ist, könnte die Einwilligung gemäß Art. 7 DSGVO als unwirksam angesehen werden, was datenschutzrechtlich problematisch ist. Insofern ist Barrierefreiheit ein wichtiger technischer Baustein für Datenschutzkonformität.
Mein Tipp: Barrierefreiheit nicht als Pflicht sehen – sondern als Chance, mehr Menschen besser zu erreichen. Wer alle einlädt, verkauft oder berät erfolgreicher.